VEB Osterzgebirgische Papierverarbeitung Dippoldiswalde


Abriss 2013


Hier wurde ein Kapitel Dippoldiswalder Industriegeschichte geschrieben. Aufgeschlagen hatte es der Unternehmer Johann Gotthold Reichel im Jahr 1896. Er hatte die Strohhutfabrikation von seinem Vater übernommen und ließ das Fabrikgebäude in der Bahnhofstraße bauen. In einer Chronik ist vermerkt, dass der Betrieb um 1910 nicht nur 330 Mitarbeiter hatte, sondern auch viele Heimarbeiterinnen beschäftigte. Doch 1934 kam das Ende. Die Strohhutfabrik musste Konkurs anmelden. Was aus den Beschäftigten wurde, ist nicht überliefert. Bekannt ist aber, dass Arthur Reichel auch Werkswohnungen einrichtete und der Stadt Gutes tat. In der Knebelschen Stadtchronik wird berichtet, dass der Fabrikbesitzer 1909 auf seine Kosten das Standesamtszimmer im umgebauten Rathaus herrichten und ausschmücken ließ.


Den Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Fabrik nach dem Konkurs von der Dresdner Umdruckpapierfabrik Naumann & Nestler übernommen wurde, die ihren Stammbetrieb nach Dippoldiswalde verlegte. Ab 1940 richteten die neuen Eigentümer eine Leichtmetallguss-Abteilung für die Rüstungsproduktion ein. Das führte 1948 zur Enteignung. Seitdem stand das Kürzel VEB – Volkseigener Betrieb – im Namen.


Umdruckpapiere wurden noch immer hergestellt, um 1950 waren es 100 Tonnen jährlich. 1953 erhielten die Dippoldiswalder Zuwachs. Sie übernahmen einen Frauensteiner Betrieb, der unter anderem Alben herstellte, und firmierten fortan als VEB Osterzgebirgische Papierverarbeitung Dippoldiswalde. Es blieb nicht die einzige Übernahme. Drei Jahre später folgte die einer Dresdner Chromopapierfabrik.

Zu diesem Zeitpunkt verließen das Werk schon längst nicht mehr nur Umdruck-, sondern auch Abziehbilderpapiere. Mit unterschiedlichsten Motiven bedruckt und ins Material eingebrannt, schmückten sie Porzellangeschirr und Tonwaren. Ebenfalls neu und bald schon das wichtigste Produkt aber war ein plastbeschichtetes Papier namens Thermonyl, dessen Produktion 1955 begann. In solches Papier wurde nicht nur Kaffee von Kosta bis Rondo verpackt, sondern auch Süßwaren und Dauergebäck, Pudding- und Soßenpulver, Fischfilets und anderes mehr.


Auch fürs Militär produzierte der Betrieb. Er belieferte die Nationale Volksarmee, später auch die Metallindustrie, mit sogenannten Korrosionsschutzpapieren, die Einölen- und -fetten überflüssig machten. Um 1980 lag die Jahresproduktion an solchen und weiteren Spezialpapieren plus der Alben, Druckerzeugnisse und Plastikhüllen aus dem Frauensteiner Werk bei über 2 500 Tonnen.


Über all die Jahre hinweg wurde auch manches gebaut, wie 1980 Großgaragen und eine Rampe für den Containerverkehr. Auch neue Maschinen gingen in Betrieb. Doch als die Wende und die D-Mark kamen, war das Ende nicht aufzuhalten. Es gab keine Aufträge mehr. Viele der älteren Kollegen gingen in den Vorruhestand, die Jüngeren in den Westen. Das Ende einer fast 100-jährigen Betriebsgeschichte war eingeläutet.